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Akzeptanz von Stadt- und Siedlungsplanung – Ausgangskonzept und empirische Erkenntnisse auf der Basis von zwei Bürgerräten

Fachbeitrag von Prof. Dr. Drs. h.c. Ortwin Renn 

 

Prof. Dr. Drs. h.c. Ortwin Renn, wissenschaftlicher Projektleiter der Plattform Bauen & Wohnen, hat sich in einem Fachbeitrag mit der Frage beschäftigt, „wie Akzeptanz für eine nachhaltige Stadt- und Siedlungsplanung konzeptionell gefasst und empirisch gemessen werden kann“. Dabei betont er, dass eine integrative Stadtplanung die „Zustimmung der daran beteiligten Akteure“ erfordert. Zu diesen zählen auch die Bürgerinnen und Bürger. Worauf es ihnen ankommt, wurde in unserem Projekt Bauen & Wohnen mit zwei Bürgerräten erhoben, anhand deren Konzept und Ergebnisse Renn vier Akzeptanzfaktoren verdeutlicht.

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Was bedeutet Akzeptanz

Akzeptanz bedeutet nicht zwingend Zustimmung, vielmehr lässt sie sich in drei Stufen aufteilen: Toleranz, positive Einstellung und aktives Engagement. Sie hängt von mehreren Faktoren ab:

Vor diesem Hintergrund gewinnt Bürgerbeteiligung erheblich an Bedeutung, so Renn. Kommunikation allein reicht oft nicht aus, um Akzeptanz herzustellen – insbesondere dann, wenn Maßnahmen mit Belastungen verbunden sind und der Allgemeinnutzen nicht für alle ersichtlich ist. Werden Betroffene frühzeitig eingebunden, können unterschiedliche Perspektiven sichtbar gemacht und gemeinsam tragfähige Lösungen entwickelt und ausgehandelt werden. 

Bürgerräte im Rahmen des Projekts Bauen & Wohnen 

Im April und Mai 2025 wurden in Berlin und dem Ruhrgebiet Bürgerräte mit jeweils zwei Sitzungen durchgeführt. Ein wesentlicher Unterschied zu klassischen Bürgerräten bestand darin, dass im Projektkontext kein konkretes Mandat vorlag. Während Bürgerräte normalerweise Empfehlungen für kommunale Entscheidungen erarbeiten, die Teilnehmende direkt betreffen, waren sie in diesem Projekt in ein wissenschaftliches Vorhaben eingebettet. Die Bürgerinnen und Bürger brachten stellvertretend für die Öffentlichkeit ihre Sichtweisen und Bedürfnisse zu zentralen Fragestellungen des Projekts ein. Auf diese Weise haben sie fachliche Lösungsansätze gesellschaftlich eingeordnet. Die Ergebnisse sind in die weitere Projektarbeit eingegangen.

In den Bürgerräten wurden folgende Themen diskutiert: 

Anhand der Ergebnisse verdeutlicht Renn die vier Akzeptanzfaktoren: Bürgerinnen und Bürger sind grundsätzlich bereit, Kompromisse einzugehen, wenn es um die Schaffung bezahlbaren Wohnraums geht, etwa durch kleinere Wohnflächen oder Nachverdichtung. Bedingung: Die Maßnahmen müssen für alle Betroffenen als sinnvoll erlebt werden, dürfen nicht nur wohlhabenden Eigentümern und Eigentümerinnen zugutekommen und sollen die Lebensqualität im Quartier sowie die Nutzung gemeinschaftlicher Räume sichern. 

Faktor Nutzenbilanz: Besonders hoch ist die Akzeptanz für Maßnahmen, die Haushalten mit geringen Einkommen eine Teilhabe am städtischen Leben ermöglichen und grundlegende Wohnansprüche erfüllen. Die Teilnehmenden sind zudem bereit, auf manche Annehmlichkeiten zu verzichten, wenn dadurch Miet- und Nebenkosten gesenkt werden, und legen großen Wert auf sozial gerechte und ausgewogene Planungen. 

Bezogen auf die Wirksamkeit zeigen viele Teilnehmende Frustration über Vorschriften und Planungen, die ohne ihre Beteiligung getroffen werden. Frühzeitige, verbindliche und effektive Bürgerbeteiligung wird als entscheidend für die Akzeptanz von Bauvorhaben gesehen. Bürgerinnen und Bürger möchten als aktive Partner in die Gestaltung des Lebensumfelds eingebunden werden. 

Das wichtigste Kriterium ist das der emotionalen Identifikation und Bindung: Nachverdichtung wird akzeptiert, wenn Infrastruktur, soziale Strukturen und Grünflächen mitwachsen. Bürgerinnen und Bürger möchten, dass ästhetische, soziale und ökologische Aspekte in die Stadtplanung integriert werden. Außenräume, die zur Begegnung und Erholung einladen, können den Bedarf an großer Wohnfläche reduzieren und die Lebensqualität erhöhen. 

Fazit

Beteiligungsverfahren sollten so gestaltet sein, dass die vier zentralen Akzeptanzkriterien – Nachvollziehbarkeit, Selbstwirksamkeit, Nutzen und Identifikation – offen diskutiert und zumindest teilweise erfüllt werden können. So entstehen konstruktive Lernräume, in denen Akteure zusammenarbeiten, um sozialverträgliche, ökologisch tragfähige und wirtschaftlich ausgewogene Planungen zu entwickeln. Denn „nur, wenn Bürgerinnen und Bürger von Beginn an in die Prozesse zur Planung und Umsetzung der angestrebten Maßnahmen einbezogen werden, kann es gelingen, Städte und Siedlungen als Horte der Lebensqualität und des sozialen Austauschs für alle Bewohner und Bewohnerinnen zu wahren.“

Zum kompletten Fachbeitrag „Akzeptanz von Stadt- und Siedlungsplanung“ 

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